Montag, 23. September 2019

Crackle, ein Einzug, viele Möglichkeiten - 22. September 2019

Basierend auf dem Buch "Weave Classic Crackle & More" von Susan Wilson, haben wir uns mit den Bindungen beschäftigt, welche mit 4 Schäften möglich sind; zwar nicht alle, aber nahezu alle.

Unter Crackle ist zunächst einmal ein bestimmter Einzug zu verstehen: und zwar ein Einzug in Partien. Auf 4 Schäften können 4 verschiedene Partien eingezogen werden:


  • Die kleinste Einheit innerhalb einer Partie besteht aus 4 Kettfäden (I).
  • Nach einer beliebigen Anzahl von Wiederholungen schließt jeder Block mit einem „incidental“ (o) – Überleiter ab.
Entsprechend den 4 möglichen Einzugspartien gibt es 4 mögliche Trittpartien; und auch hier schließt jeder Block mit einem Überleiter ab. Angebunden wird ein K 2/2. Schauen wir uns zunächst beispielhaft die zweite Trittpartie genauer an:


Gewebt wird mit drei Schiffchen:
Hintergrund 1  (O)            Stärke entspricht der Kettfadenstärke
Musterschuss  (O)            klassischerweise ist der Faden etwas stärker als Kette und Hintergrundschüsse
Hintergrund 2  (O)            Stärke entspricht der Kettfadenstärke
Bei jedem Tritt flottet der Schussfaden in zwei Partien über 3 und unter 1 Kettfaden, und in zwei Partien flottet er unter 3 und über 1 Kettfaden.

Jeweils zwei Partien erscheinen als Musterpartie (Musterschuss und jeweils ein Hintergrundsdchuss flotten lang auf der Gewebeoberseite) und zwei als Hintergrundpartie (jeweils ein Hintergrundschuss flottet lang auf der Gewebeoberseite). Dadurch dass aber jeweils ein anderer Hintergrundschuss lang flottet ergeben sich vier verschiedene Blöcke. In der Bindungspatrone kann man gut sehen, dass jeweils zwei Partien ein quasi gleiches Bindungsbild aufweisen, jedoch jeweils um zwei Schussfäden versetzt sind.


Da es sich um ein Partiengewebe handelt, bietet sich die Verwendung von Bildpatronen an. Bei der Anordnung der Einzugspartien, bzw. den Übergängen von einer zu anderen, ist auf die Einhaltung von abwechselnd gerader und ungerader Schaftbelegung zu achten:
  • längere Flottierungen als 3 werden vermieden
  • für weitere Bindungsmöglichkeiten werden die Leinwandtritte gewährleistet
Springt man z.B. beim Einzug von Partie 1 zu Partie 3,
wird für die ausgelassene Partie ein Überleiter auf Schaft 2 eingezogen.




Bei einem Wechsel von Partie 1 zu Partie 4 habe ich die Wahl es direkt zu tun oder jeweils einenÜberleiter für die ausgelassenen Parteien einzuziehen.

Beide Varianten gewährleisten die Abfolge gerade-ungerade, ergeben jedoch unterschiedliche Gewebebilder.

Der Name Crackle (Craquele, Krakelüre = rissig) leitet sich ab aus dem zufälligen Auftauchen des Musterschusses zwischen den beiden Hintergrundpartien.

Diese Krakelüren erscheinen allerdings nur bei dem von Susan Wilson so genannten klassischem/traditionellem Crackle-Gewebe, bei dem die Trittfolge dem Einzug entspricht; bzw. entsprechende Trittpartien genutzt werden. Die Krakelüren tauchen auf zwischen den beiden Hintergrundpartien, bzw. ab auf die Gewebeunterseite zwischen den beiden Musterpartien:


Eine Trittpartie beginnt und endet mit dem gleichen Hintergrundschuss, so dass beim Wechsel von einer Trittpartie zur nächsten zwei gleiche Hintergrundschüsse aufeinander folgen.

Die Gewebebilder in den Collagen veranschaulichen die Patronen, geben diese jedoch nicht genau in den Fadenzahlen wieder!

Eine Variante, welche Susan Wilson vorstellt ist das Schachbrett. Es werden nur zwei Trittpartien genutzt, Trittpartie 1 und Trittpartie 3 (möglich wären auch 2 und 4). Innerhalb einer Trittpartie werden die Hintergrundfarben vertauscht:


Alle weiteren Bindungsmöglichkeiten sind ein Spiel mit der Trittfolge und zeigen keine typischen Krakelüren mehr!

Warum auch immer spricht sie von der italienischen Trittfolge: jede Trittpartie nutzt drei aufeinander folgende Tritte: 1,2,3 - 2,3,4 - 3,4,1 - 4,1,2 und entsprechend 3 Schiffchen/Farben. Jeweils zwei Partien zeigen zeigen 3er-Flottierungen von zwei Musterschüssen, und zwei Partien weisen nur 3er-Flottierungen eines Musterschusses auf:



Die nächste Möglichkeit ist gegenbindig zu treten: 1,3 - 2,4 - 3,1 - 4,2. Es wird nur noch mit zwei Schiffchen/Schussfarben gearbeitet. Bei weiter Kettstellung und stärkeren Garnen ist eine komplette Abdeckung der Kette möglich. Es entsteht ein Ripsgewebe:



Nun kommen die Leinwandtritte ins Spiel! Als erstes die Trittfolge entsprechend dem Jämtlandsväv (Overshot oder auch Daldräll mit Anbindung). 
Die Trittfolgen sind: Musterschuss, Leinwandtritt 1, Musterschuss, Leinwandtritt 2
Auch hier wird  mit zwei Schiffchen gearbeitet, der Musterschuss gerne etwas dicker. Zwei Partien zeigen 3er-Flottierungen im Musterschuss, zwei nicht:



Bringt man nun Farbe ins Spiel, spricht sie von polychromen Blöcken (nach Snyder 1961). Sie verwendet 4 Farben, die sozusagen rollieren. Was in der vorherigen Trittpartie Leinwandfarbe war wird in der nächsten Trittpartie zur Musterfarbe:




Reizt man die vier Farben in allen Möglichkeiten aus, so ergeben sich 12 Kombinationen:
1,2 - 1,3 - 1,4 - 2,3 - 2,4 - 2,1 - 3,4 - 3,1 - 3,2 - 4,1 - 4,2 - 4,3



Traditionell polychrom nennt sie diese Trittfolge: Zwei aufeinanderfolgende unterschiedliche farbige Musterschüsse wechseln sich jeweils mit den beiden Leinwandtritten ab. Es entstehen vier verschiedene Farbigkeiten: die Flottierungen der beiden Musterschüss vermischen sich, Musterschuss 2 flottet, die Musterschüsse flotten auf der Gewebeunterseite, Musterschuss 1 flottet:



Und weiter geht es mit einer Trittfolge in Anlehnung an Summer and Winter. Zunächst als "single, monochrome":


Als "paired, monochrome":


Und meine Variation als "single, polychrome":




Zu guter letzt noch eine Lace-Variation:




Und wie geht es weiter mit 8 Schäften? 
Crackle klassisch/traditionell, Musterschuss schwarz, Hintergrund 1 rot, Hintergrund 2 rot


Mit geänderter Anbindung:


Diese Vorlage wurde genutzt, um eine amorphe Verteilung der Farbflächen zu erreichen, was in der praktischen Umsetzung zum "turned crackle" führte. Einzug und Trittfolge wurden vertauscht, heißt also bunte Kette und einfarbiger Schuss! Zunächst einmal das Aufbrechen der linearen Abfolge der Partien:


Dann der Austausch von Einzug und Trittfolge (Partiegrößen angepasst):



Wie gesagt, ein  Einzug mit unendlichen Möglichkeiten!
Und hier der Link zu einem kurzen Skript: Kleine Einführung zum Crackle