Montag, 15. April 2013

Teil 2 - Besuch der Handweberei Hinder in Gladenbach

Wie versprochen hier nun der Bericht über den zweiten Teil unseres WeberTreff-Ausfluges.
Von Hallenberg im Hochsauerlandkreis in Nordrhein-Westfalen fuhren wir eine knappe Stunde über Land, nach Gladenbach in Hessen. Die Stadt Gladenbach liegt an einem östlichen Ausläufer des Westerwaldes, der nach seiner zentralen Stadt Gladenbacher Bergland genannt wird, im Naturpark Lahn-Dill-Bergland.

Die Brüder Gerhard und Werner Hinder begrüßten uns in ihren beeindruckenden Ausstellungsräumen. Natürlich ging es erst einmal in die Webstube! Neben mehreren Flachwebstühlen, stehen dort auch einige große Hochwebstühle, an denen  Wollteppiche gefertigt werden können. Viele der Webstühle wurden von Gerhard Hinder,  der auch Textilingenieur ist, durch eigene Umbauten technisch verbessert oder gar selber gebaut, so wie er sie haben wollte.

Leider stehen die Webstühle wohl die meiste Zeit nur noch still. Große Garnlager wollen verwoben werden, Wollvliese zu Teppichlunten versponnen werden. Staunend erfuhren wir, dass das Material für die Teppiche an einer elektrischen Spinnmaschine selber gesponnen wird. Teilweise wurde schon die Flocke entsprechend eingefärbt, um dann durch Mischung die gewünschten Melangierungen erreichen zu können. Auch bestand die Möglichkeit in einer benachbarten Färberei Materialien färben zu lassen. Sogar Wollchenille wurde selber hergestellt!


Sozusagen von der Faser bis hin zum fertigen Produkt wurde alles in dieser Werkstatt hergestellt. In dem von den beiden Brüdern als "Dunkelkammer" bezeichneten Raum lagern noch unzählige verschiedenste Stoffe. Ein Traum für alle Weber/innen. Immer wieder musste man noch einmal schauen, noch einmal fühlen, noch einmal bewundern. Wahrscheinlich kann zu beinahe jedem dieser Stoffe eine Geschichte erzählt werden.

Hier eine zu einem Stoff in Cordbindung, der besonders Katja faszinierte, da Cordbindungen gerade das Thema in ihrem Meisterkurs sind. Der Besitzer eines alten Wartburgs  suchte eine Weberei, die nach Originalvorlage einen Stoff weben sollte, mit dem die alten verschlissenen Bezüge ersetzt werden sollten. In der Erwartung, dass bestimmt noch weitere Liebhaber dieses alten "DDR-Klassikers" Interesse daran haben würden, übernahm die Weberei den Auftrag und setzte ihn auch zur Zufriedenheit des Kunden um. Aber die erwartete Nachfrage bliebt aus. Wer also einen alten Wartburg besitzt und seine Bezüge erneuern möchte, kann sich gerne an die Weberei Hinder wenden!

Vor allen sogenannte Doubleface-Stoffe waren eine Spezialität der Handweberei; z.B. der türkise Stoff in der Fotocollage. Sonja hatte sich dann auch in eine rote Wendejacke aus Doubleface verliebt. Immer wieder musste sie die Jacke anprobieren. Leider fehlte ihr momentan das nötige "Kleingeld".


Neben der Handweberei war und ist die Keramik und deren Verkauf das zweite Standbein des Familienbetriebes. Dieser Bereich ist der Schwerpunkt der Arbeit von Werner Hinder. In der Collage ist er zu sehen neben einem Bildteppich seiner Schwester Gudrun Wallmann. Oben links im Bild Keramiken von Andreas Hinder.
Die Familie scheint einen durchweg künstlerischen, handwerklichen Schwerpunkt zu haben.
Wer sich ein wenig mehr damit beschäftigt, staunt welche Geschichte sich hinter der Handweberei Hinder verbirgt. So stößt man auf die Sammlung Hinder/Reimers - Moderne Keramik des 20. Jahrhunderts und damit auch auf Lotte Reimers, eine langjährige Mitarbeiterin.

Bei den Überlegungen zu einem abschließenden Satz über unseren Besuch fiel Matthias dieses Bild ein:
eine funktionierende alte Uhr ist schon länger nicht mehr aufgezogen worden, und tickt langsam aus.

Sonntag, 7. April 2013

WeberTreff unterwegs - 06. April 2013

Und schon waren wir wieder gemeinsam unterwegs! Erster Treffpunkt war die Spinnerei Sauerlandwolle in Hallenberg. Durchs tiefste Sauerland ging es, und immer wieder zeigte die Landschaft noch geschlossene Schneedecken.


Nach einem ersten Stöbern im zugehörigen Lädchen brachte uns Frau Dickel in die Spinnerei. Eintritt verboten?
Nicht an diesem Tag für uns. Zuerst einmal ließ Klaus Dickel für uns die Krempelmaschine arbeiten:







Unten eine kleine Foto-Collage, von der Flocke bis zum Vorgarn. Die Stärke des Vorgarns bestimmt - in einem gewissen Spielraum - die Stärke des Garnes, welches letztendlich gefertigt werden soll.
Für die Einstellungen an der geschätzt 20 Meter langen Krempelmaschine gibt es zwar gewisse "Eckdaten", aber letztendlich muss man durch Erfahrung ein Gefühl für die notwendigen Maschinen-Einstellungen entwickeln.


Anschließend wird das Vorgarn zum gewünschten Einfachgarn auf Standspinnern verzogen und versponnen. Hier ist noch ein gewisses Feintuning der Garnstärke möglich. Je nachdem welches Garn der Kunde wünscht, kann es hier mehr oder weniger stark gedreht werden:


Und auch hier wieder eine kleine Foto-Collage. Unten schon die nächste Station, aus Einzelgarnen werden Zwirne:




Nach einigen schwierigen Jahren hat die kleine Spinnerei heute reichlich zu tun. Ab 1 Kilogramm, möglichst schon gewaschen, kann man seine Wollen dort zum Kardieren bringen. Sie wird auf einer kleinen Krempelmaschine von ca. 1860 zu einem Vlies kardiert! Wer seine Wolle zu Garnen verspinnen lassen möchte, kann dies schon ab einer Menge von 10 kg in Auftrag geben. Mit der eigenen Vorsortierung der Rohwolle (Aussortieren von Fremdkörpern und kurzstapeligen und kotigen Anteilen) bestimmt man selber die Qualität des Vlieses oder Garnes, welches zu einem zurück kommt. 

Und Wolle ist noch lange nicht gleich Wolle. Es gibt viele verschiedene Sorten von Schafen, deren Wollen alle unterschiedlich sind, und die alle eine leicht individuelle Verarbeitung benötigen. Auf den Zwirnmaschinen befand sich bei unserem Besuch z.B. die Wolle von Waldschafen. Mittlerweile zählen auch viele Alpaka-Züchter zu den Kunden von Dickels. Neueste Produktentwicklung ist ein Garn aus Qiviut-Wolle. Hier der Link zu einem entsprechenden Zeitungsbericht: Qiviut-Garn aus Hallenberg.


Natürlich ging das Ganze nicht ohne den ein oder anderen Garneinkauf ab; und verraten sei hier, diejenige welche die kleinste Garnmenge in der Tasche hatte (wir sagen nur Qiviut), hatte anschließend am wenigsten im Portemonnaie.
Nach einer kleinen Stärkung mit Katjas Muffins und einem Zwischenstopp in einem örtlichen Imbiss ging es dann weiter zu unserem nächsten Ziel, nach Gladenbach in Hessen!

Davon demnächst mehr!!!