Donnerstag, 4. April 2024

Gerstenkorn und Scheindreher - 24. März 2024

Bei der Beschäftigung mit dieser Bindungsfamilie kann einem schon mal schwindlig werden:

Gerstenkorn, Barleykorn, Spot Weave, Spot Bronson, Atwater Bronson Lace, Huck, Huck Spot, Huck Lace, Scheindreher, Swedish Lace, …

Was alle kennzeichnet: auf einer Leinwandfläche erscheinen begrenzte Kett- und/oder Schussflottierungen. Rechts ein paar Beispiele:

Die Beispiele auf der linken Seite zeigen Schussflottierungen und werden als Schussgerstenkörner bezeichnet. Dementsprechend zeigen die Beispiele auf der rechten Seite Kettgerstenkörner. Zeigt die Gewebeoberseite ein Schussgerstenkorn, so zeigt die Gewebeunterseite das entsprechende Kettgerstenkorn. Webtechnisch kann es sinnvoll sein beim Weben die Seite oben zu haben, welche die meisten Schussflottierungen aufweist. Denn so sind während des Webens möglichst viele Kettfäden gesenkt und damit die Auflagefläche für das Webschiffchen oder den Webschützen am stabilsten.

Die Länge der Flottierungen wird als Sprüngigkeit bezeichnet, welche immer ungerade ist:
Unten von links nach rechts: 3-sprüngiges Schussgerstenkorn, 5-sprüngiges Schussgerstenkorn, 3-sprüngiges Kettgerstenkorn, 3-sprüngiges doppeltes Kettgerstenkorn

Oben von links nach rechts: 3-sprüngiges doppeltes Schussgerstenkorn, 5-sprüngiges doppeltes Schussgerstenkorn, 5-sprüngiges Kettgerstenkorn, 5-sprüngiges doppeltes Kettgerstenkorn

Vor allen Dingen angeregt durch die unterschiedlichen englischen Bezeichnungen, bin ich zu einer vielleicht unüblichen Gliederung gelangt:

  • Familie X-1     Spot Weave, Spot Bronson, Barleycorn, bäuerliches Gerstenkorn
  • Familie X        Huck, Huck Lace, Scheindreher (möglich)
  • Familie X+1    Bronson Lace, Atwater Bronsonlace
  • Swedish Lace

Die "Familien" definieren sich über die Anzahl der Kettfäden je Einzugseinheit. Dabei bezeichnet X die Sprüngigkeit des Gerstenkorns. Es gilt daher:

Familie X-1:

  • die Einzugseinheiten sind jeweils 1 Kettfaden kleiner als die Sprüngigkeit
  • die Einzugseinheiten sind immer gerade (2, 4, 6,...)
  • es erscheinen entweder Kett- oder Schussgerstenkörner
  • hier ist die größte Dichte an Gerstenkörnern möglich

Familie X:

  • die Einzugseinheiten entsprechen der Sprüngigkeit
  • die Einzugseinheiten sind immer ungerade (3, 5, 7,...)
  • es können sowohl Kett- als auch Schussgerstenkörner erscheinen 

Familie X+1:

  • die Einzugseinheiten sind jeweils 1 Kettfaden größer als die Sprüngigkeit
  • die Einzugseinheiten sind immer gerade (2, 4, 6,...)
  • es erscheinen entweder Kett- oder Schussgerstenkörner

Ich hoffe, ich habe euch neugierig genug gemacht! Zu jeder dieser "Familien" und auch zum Swedish Lace, welches für mich ebenfalls in diese Bindungsfamilie "Gerstenkorn & Co" fällt, habe ich in 2018 ein Skript erstellt. Diese Skripte stelle ich hier zur Verfügung. Im Rahmen des Jahresprojektes unseres WeberTreffs habe ich mir vorgenommen, diese Skripte nochmals zu überarbeiten. Mal sehen, ob ich die Disziplin aufbringe 😉. Die Skripte haben weder Anspruch auf Vollständigkeit (Kann man die Möglichkeiten von Bindungen überhaupt vollständig erfassen?) noch auf Fehlerfreiheit. Sie mögen der eigenen Auseinandersetzung mit dem Thema dienen:
 
 
 
 
Darüber hinaus gibt es natürlich auch jede Menge von Kombinationen untereinander und ...
 
 
Wie immer gab es auch einige Gewebe zum Betrachten und Befühlen. Kathrin hatte noch ihre Arbeit zum letzten Jahresthema dabei, eine Decke, von der Faser übers Waschen, Kardieren, Färben, Spinnen und Weben komplett selbst verarbeitet!
 

Das Schönste an unseren Treffen ist doch, dass jede/r mit Zugewinn nach Hause geht; sei es an Wissen, Anregungen, persönlichen Begegnungen, Vernetzungen am Wohnort bis hin zu neuen Freundschaften, ...
und manchmal auch an Garnen! Wie sagte Kathrin so schön, nie hätte sie sich mit dem Thema Dräll/Drell befasst, wenn es nicht unser gemeinsames Austauschthema gewesen wäre.

Dienstag, 5. März 2024

Jahresarbeiten zum Thema Dräll - 04. Februar 2024

Tja, das ist so etwas mit dem Begriff Drell/Dräll. Was ist alles Drell/Dräll? Darauf haben wir keine verbindliche Antwort gefunden. Und wir wollen schon gar nicht zu weiterer Verwirrung beitragen. Ausschlaggebend ist ja letztendlich immer das, was die Kett- und Schussfäden miteinander anstellen.

Am einigsten waren wir noch darüber, dass man von Drell spricht, wenn man die Kombination von kett- und schussseitigen Variationen einer Bindung meint. Also zum Beispiel dem Schussköper K 1/3 und dem Kettköper K 3/1. Hat man keinen Damast oder Jaquardwebstuhl zur Verfügung, sind es zumeist 2-Partien-Gewebe, welche man weben kann. Es sei denn, man hat einen Webstuhl mit 32 Schäften, aber wer hat das schon. In Schweden heißt es wohl auch "äkta dräll" (echter Dräll/Drell). 
 
Daneben spricht man von unechten Dräll/Drell-Gewebe, im Englischen "simplified dräll"genannt. Mit ihnen versucht man echten Drell nachzuempfinden, also zwei Effekte zu kombinieren. So wird auch Summer and Winter als simplified dräll bezeichnet.

Darüber hinaus gibt es auch noch den Begriff "Halbdrell/Halfdräll". Madelyn van der Hoogt erklärt ihn folgendermaßen: 
Viele Kontermarschwebstühle in Schweden arbeiteten mit sogenannten "dräll pulleys". Fragt mich nicht, wie genau sie funktionieren. Hier habe ich ein wenig Erklärung gefunden, allerdings mal wieder auf Englisch: Funktion dräll pulleys.

Werden den einzelnen Einzugspartien separate Schäfte zugewiesen, spricht man von Dräll-Bindungen. Also Partie 1 wird z.B. auf den Schäften 1-4 eingezogen, Partie 2 auf den Schäften 5-6. (siehe oberes Beispiel).

Bei Halfdräll-Bindungen gibt es durchgehend Schäfte für die jeweilige Grundbindung und Musterschäfte, über die der Effekt gesteuert wird. Im unteren Beispiel Schäfte 1 und 2 für die Grundbindung und die Schäfte 3 und 4 für die jeweilige Kettpartie. Das heißt nur die Hälfte der Schäfte, nämlich 3 und 4, arbeitet von Partie zu Partie unterschiedlich. So ungefähr habe ich es jedenfalls verstanden. Nachzulesen hier: Nachtrag von Madelyn van der Hoogt

Ausführliches zu möglichen Drell/Dräll-Bindungen findet ihr in einem früheren Blogbeitrag: Dräll ist nicht gleich Dräll. Natürlich ohne Anspruch auf Vollständigkeit.

Neben den Arbeiten zum letztjährigen Jahresprojekt gab es wie immer die ein oder andere Webarbeit in anderen Bindungen anzuschauen. Und ebenfalls wie immer auch vieles zu bequatschen:


Beim nächsten Treff, der ja schon am 24. März stattfinden wird, gibt es dann eine kleine Einführung in das neue Jahresthema: Gerstenkorn und Scheindreher.

Und was sollen wir euch sagen, im Schwedischen heißt Gerstenkorn tatsächlich auch "droppdräll" 😉!