Dienstag, 28. Januar 2020

Farbverflechtungen - 26. Januar 2020

Wo simmer denn dran? Aha, heute krieje mer de Farbverflechtung. Also, wat is en Farbverflechtung? Da stelle mehr uns janz dumm. Und da sage mer so: En Farbverflechtung, dat is ene jroße jeordnetes Durcheinander, da kumme von obe und de Seite bunte Fädsche. De eine Fädsche, dat sind de Kettfädsche. Und de andere Fädsche, dat krieje mer später."
Ganz so wie in der "Feuerzangenbowle" war es nicht, aber so ähnlich. Zuerst einmal haben wir uns angeschaut, was keine Farbverflechtung ist:


Links verflechten sich eine einfarbige Kette und ein gleichfarbiger Schuss miteinander. Es entsteht ein monochromes, also rein einfarbiges Leinwandgewebe. Keine Farbunterschiede, keine Farbverflechtung.
In der Mitte verflechten sich eine einfarbige Kette und ein andersfarbiger, ebenfalls in sich einfarbiger Schuss miteinander. Es entsteht ein Leinwandgewebe in einer Farbmischung aus Kette und Schuss, keine Farbverflechtung.
Rechts verflechten sich eine bunt gestreifte Kette und ein bunt gestreifter Schuss miteinander. Es entsteht ein Leinwandgewebe mit unterschiedlichen Farbmischungen, Farbgestaltung also, immer noch keine Farbverflechung.

Hier nun ein erstes Beispiel für eine Farbverflechtung in Leinwand. Für eine Leinwand reichen natürlich auch zwei Schäfte aus. Hier in den Beispielen habe ich sie auf vier Schäfte verteilt:
Erst durch das Aufeinandertreffen von sozusagen "rhythmischen" Farbfolgen sowohl in Kette als auch in Schuss, im Zusammenspiel mit der jeweils verwendeten Bindung entsteht eine sogenannte Farbverflechtung. Die Bindung tritt in den Hintergrund, die farbliche Verflechtung überspielt die eigentliche Bindung und tritt in der Vordergrund.


In dem obigen Leinwand-Beispiel ist die Farbfolge im Schuss durchgehend a-b-a-b.
Links ist die Farbfolge in der Kette ebenfalls a-b-a-b, es entstehen waagerechte Streifen.
Rechts wechselt die Farbfolge in der Kette auf b-a-b-a, es entstehen senkrechte Streifen.
Ändert man nun auch die Farbfolge im Schuss, so werden die Effekte umgekehrt. Diese Farbverflechtung hat auch den Namen "Logcabin", übersetzt "Blockhaus":


Auf den ersten Blick scheint die folgende Farbverflechtung identisch zu sein. Ein zweiter Blick zeigt die Unterschiede. Farbfolge in Kette und Schuss sind hier durchgängig a-b-a-b. Hier werden die Effektwechsel durch eine Umkehrung des Einzuges, bzw. der Trittfolge bewirkt, was natürlich auch Einfluß auf die entstehende Bindung hat. An den Wechseln entstehen jeweils 2er-Flottierungen. Diese Systematik wird beim sogenannten "Shadow Weave" verwendet.


 Hier noch jeweils ein Gewebebeispiel:
                                      Logcabin                                                             Shadow Weave


Zur Anregung noch weitere Farbverflechtungen:



Die Kombination verschiedener Farbfolgen sowohl in Kette als auch in Schuss nennt man "Glencheck". Verläuft über diesem Muster ein zweites kontrastfarbenes Karo, so spricht man vom "Prince of Wales Check". Glenchecks gibt es auch in Köperbindungen und auch in Kombinationen von Leinwand und Köperbindungen. Momentan sind sie wohl mal wieder en vogue! 
Hier in reiner Leinwandbindung:


Aber es gibt ja nicht nur Farbverflechtungen in Leinwandbindung:

Die Worte Pepita und Hahnentritt nehmen wir lieber erst gar nicht in den Mund. Wer recherchiert findet jede Erklärung für jede Farbverflechtung. Was zählt ist letztendlich das Ergebnis, wie auch immer es heißt.



Bei den Strukturbindungen kommt nun noch ein zusätzlicher Faktor mit ins Spiel, die unterschiedliche Webeinarbeitung der Fäden und damit auch das Verhalten der Fäden bei der Nachbehandlung. In längerflottierenden Bereichen können sich die Fäden beim Herunternehmen vom Webstuhl stärker entspannen und auch bei der Wäsche stärker zusammenziehen, wohingegen die Fäden in leinwandbindigen Bereichen wesentlich mehr eingebunden sind, sich nicht so gut entspannen können und dazu noch die Tendenz haben sich in die längerflottierenden Bereiche hin auszudehnen. 
Rechts eine zusammengesetze Bindung.






Die Sterne der folgenden Farbverflechtung, in einer Kautschukbindung, verwandeln sich in dynamische Windräder. Auch dies ist eine Farbverflechtung, die momentan sehr aktuell ist.


Unten in der Mitte ein Beispiel dafür, dass man die eigentliche Struktur eines Gewebes in einer Strukturbindung am besten in einem hellen monochromen Gewebe erkennen kann. Rechts und links ist die Kette in einem starken Helligkeitskontrast eingezogen, das Auge nimmt nahezu nur die Kontraste wahr, die hier das Gewebebild sehr verwirren. Es handelt sich nicht um eine Farbverflechtung:



Hier ein Beispiel für eine Farbverflechtung in der Strukturbindung Schussgerstenkorn:

Links das Bindungsbild (die Struktur), rechts die resultierende Farbverflechtung mit einem Computerprogramm erstellt.
 
Links das Gewebe auf dem Webstuhl, dass noch weitestgehend der Computer-Farbverflechtung entspricht. Rechts das fertige Gewebe nach der Wäsche. Hier hat sich einiges getan. 

Das Zeichnen von Farbverflechtungen, sei es mit einem Computerprogramm oder per Hand auf Papier geben gerade bei Strukturbindungen nicht das tatsächliche Gewebebild des fertigen Gewebes wieder. Manchmal muss man eben doch einfach ausprobieren! Das Beispiel stammt übringens aus folgendem Buch: Tom Knisely Huck Lace Weaving Patterns


Für unseren Treff gehört auch das Deflected Double Weave zu den Farbverflechtungen:


Hier entsteht das "Muster" dadurch, dass sich in diesem Fall Kett- und Schusspartien (hier jeweils 4 Fäden) miteinander verflechten und sich Leinwandpartien, Partien mit ausschließlich Ketthebungen und Partien mit ausschießlich Kettsenkungen bilden. Wer etwas mehr dazu wissen möchte, kann  zum einen unseren Blogbeitrag zum Thema lesen: Deflected double, zum anderen kann man im Haus der Handweberei in Sindelfingen per Mail ein Heft zum Thema anfordern.


Hier noch ein paar mäandernde Farbverflechtungen.
Wir waren der Meinung, dass sie wohl nur mit etwas stärkeren Garnen richtig zur Geltung kommen:

Quadarate gehen auch:

Und auch noch ein paar Beispiele aus einer "Schulmappe":


Helga Jossen vom Verein "Rosengang" hat uns freundlicherweise die Erlaubnis gegeben einen ihrer alten Rundbriefe aus 2013 zum Thema Farbverflechtungen hier online zu stellen: Rundbrief 26
Unseren herzlichen Dank an Helga und ihre Mitstreiterinnen!
Wie oben schon kurz erwähnt, gibt es noch die Möglichkeit, eine Farbverflechtung per Hand zu zeichnen. Hier das Arbeitsblatt, mit dem wir uns vergnügt haben. 
Anleitung in Ruhe durchlesen und befolgen😉: Arbeitsblatt Farbverflechtungen
Das war's dann mal wieder mit der Rückschau auf unseren Treff. Im November gibt es dann  ja die fertigen Gewebe zu sehen. Denn der Treff war ja der Einstieg in unser diesjähriges Jahresprojekt. Mal sehen wer mitmacht. Falls jemand von euch auch Lust hat? Gerne! Zu weit weg zum Kommen? Dann schickt doch einfach Fotos und wir stellen sie mit unseren zusammen im Blog aus!!!

2 Kommentare:

Magdalene hat gesagt…

Liebe Blogger,
herzlichen Dank für eure Seite, das ist mal was zum Anregungen holen, gucken, Wissenswertes und und und. So eine Seite, Weitergabe von Infos suche ich schon lange und werde sicher mal vorbeischauen.
Ganz herzlichen Dank für das Teilhabenlassen....
Magdalene

doris hat gesagt…

Hallo miteinander
Kann mich meiner Vorschreiberin nur anschliessen, ganz toll.
Habe mich nun mehr als einen Monat mit Farbverflechtungen auseinandergesetzt. Es ist super spannend und es gibt einfach unglaublich viele Möglichkeiten. Auf meinem Musterwebstuhl habe ich zu Beginn ein Mustertuch gewoben und das hat mir wirklich viele neue Erkenntnisse gebracht.
Wünsche euch allen viel Spass beim probieren.
Liebe Grüsse
Doris