Sonntag, 3. August 2025

Cordbindungen Teil 1 - 27. Juli 2025

Bei der Programmgestaltung für 2025 tauchte der Wunsch auf, dass wir uns doch mal das Thema Cordbindungen anschauen könnten. Macht man sich im weltweiten Netz auf die Suche Webbeispielen, so findet man: so gut wie nichts! Auch im Englischen Sprachbereich ist nichts Erhellendes zu finden. Dabei ist diese Bindungsfamilie eigentlich einfach zu verstehen. Bereits mit 3 Schäften sind Umsetzungen möglich, also auch auf Webrahmen mit zwei Gatterkämmen zu arbeiten. Selber hatte ich mich vorher auch noch nicht mit Cordbindungen beschäftigt, also war es auch für mich Neuland. 

So haben wir uns zunächst eingehend mit dem Längscord beschäftigt, bei dem sich Rippen in Kettrichtung ausbilden. Wie schon gesagt, reichen 3 Schäfte aus, um einen Längscord zu weben:

 
Die linke Seite der oberen Collage zeigt die gewünschte Gewebeoberseite und die rechte Seite die Gewebeunterseite, sowohl in der Bindungspatrone als auch im Gewebebild: 

Auf den Schäften 1 und 2 werden die Kettfäden für die Bindung der Rippen eingezogen, hier Leinwandbindung. Auf Schaft 3 werden "Schnittfäden" eingezogen, welche die Rippen voneinander trennen. Bei dieser Art von Cordbindung haben die Schüsse unterschiedliche von einander getrennte Funktionen. Die Schüsse 1 und 3 arbeiten die Leinwandbindung (Bindungsschüsse), die Schüsse 2 und 4 (Tritt3) arbeiten als Verstärkungsschüsse (Hohlschüsse); sie flotten unterhalb der Rippen und werden nur durch die Schnittfäden angebunden.

Da bei diesen Verstärkungsschüssen bis auf die "Schnittfäden" alle Kettfäden gehoben würden, empfiehlt es sich mit der Gewebeunterseite nach oben zu weben (rechte Seite der obigen Collage).

Je nachdem wie der Einzug auf den Schäften 1 und 2 erfolgt, zeigen die Schnittfäden ein unterschiedliches Erscheinungsbild, obwohl sie in sich leinwandmäßig abbinden. Im kleineren rechten Kreis kann man sehen, dass die Kettfäden rechts und links des Kettfadens identisch abbinden, sie sind auf dem selben Schaft eingezogen. Die beiden Schussflottierungen oberhalb und unterhalb der roten zentralen Kettflottierung können so zusammenrutschen, was man sehr gut im unteren Gewebebild sehen kann.

Im größeren linken Kreis hingegen kann man sehen, dass die Kettfäden nicht identisch abbinden, sie sind auf unterschiedlichen Schäften eingezogen. Das verhindert ein Zusammenrutschen. Ob die Anzahl der Kettfäden in den Rippen gerade oder ungerade ist, ist dabei unerheblich. Es kommt nur darauf an, ob rechts und links des Schnittfadens auf dem gleichen Schaft eingezogen wird oder eben nicht.

 

Im nachfolgenden Beispiel ist das Verhältnis von Bindungsschüssen und Verstärkungsschüssen verändert worden. Oben war das Verhältnis 1:1 (also immer abwechselnd). Nachfolgend ist das Verhältnis 2:1, auf zwei Bindungsschüsse folgt jeweils nur ein Verstärkungsschuss: 


Bitte seht mir nach, das bei genauem Hinsehen Bindungspatrone und Gewebebild nicht immer vollkommen übereinstimmen. Das Gewebebild rechts unten zeigt z.B. die Trittfolge 3-2-1, also Tritte 1 und 2 vertauscht. Es ändert jedoch nichts am jeweiligen Prinzip. Aber alles daraufhin noch einmal abzugleichen, das war einfach zuviel Arbeit 😉.
 
 

Für die nächsten Beispiele werden vier Schäfte benötigt. Der Einzug erfolgt in zwei Partien. Hier erfüllt jeder Schuss beide Funktionen: in einer Partie arbeitet er als Bindungsschuss und in der jeweils anderen als Verstärkungsschuss. In einer Partie ist er hier Teil der Leinwandbindung, während er in der jeweils anderen Partie komplett unterhalb flottiert. Dadurch ist es möglich durch die Verwendung zweier Schussfarben unterschiedlich farbige Rippen zu weben. Das Schussfadenverhältnis ist hier 2:2, also zwei Schüsse der ersten Trittpartie (Tritte 1 und  2) wechseln sich mit zwei Schüssen der zweiten Trittpartie (Tritte 4 und 3) ab. Die Rippenbildung in dem Bereich mit sechs Kettfäden je Einzugspartie ist wesentlich stärker ausgebildet als im Bereich mit nur fünf Kettfäden je Einzugspartie. Die linken Rippen sind schmaler, obwohl sie wie gesagt mehr Kettfäden je Rippe aufweisen Dadurch können sie sich jedoch auch deutlich höher wölben. Irgendwo habe ich gelesen, dass es nicht weniger als vier Kettfäden je Rippe sein dürfen:

Auch sind die Schussflottierungen auf der Gewebeunterseite unterschiedlich. Im Bereich der geraden Kettfadenzahl sind alle Schussflottierungen gleich lang, sie flottieren jeweils unter 7 Kettfäden. Im Bereich der ungeraden Kettfadenzahl flottieren sie jeweils einmal unter 5 und einmal unter 7 Kettfäden. Ich vermute, dass die längeren Flottierungen die Rippenbildung unterstützen.
 
 
Nachfolgend wurde nur das Schussfadenverhältnis verändert hin zu 1:1. Jeweils ein Schuss der ersten Trittpartie wechselt sich mit einem Schuss der zweiten Trittpartie ab: 
 


Ich hatte vermutet, dass die Schüsse nun nicht mehr so gut zusammenrutschen würden. Das ist jedoch nur sehr minimal passiert. Schon stärker war der Unterschied bei der Rippenbildung. Und zwar im Bereich der leicht breiteren Rippen mit 6 Kettfäden je Partie. 
 
Im rechten Bild oben ist die Probe mit dem Schussfadenverhältnis 2:2 zu sehen, unten die Probe mit dem Schussfadenverhältnis 1:1.
 
Die Rippenbreite im rechten Bereich (5 Kettfäden je Einzugspartie) ist kaum verändert, wohingegen die Rippenbreite im linken Bereich (6 Kettfäden je Einzugspartie) deutlich weiter ausfällt. Die unten flottierenden Schussbereiche können sich nicht so gut zusammenziehen, bzw. die Leinwandbereiche sich besser ausbreiten. die Rippen bilden sich also wesentlich schwächer aus.
 
Zugegebenermaßen sind die Proben insgesamt relativ klein ausgefallen. Sie waren gedacht für einen ersten Eindruck, ein erstes Kennenlernen der Bindung ohne Bezug auf ein konkretes Webprojekt. Es ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig Proben sein können. Allein ein Kettfaden mehr oder weniger in den  Einzugspartien hat einen großen Einfluss auf das fertige Gewebe!
 
 
 
Und hier noch ein Beispiel für ein Schussfadenverhältnis von 2:1, wobei jeweils 2 dünnere  Schussfäden sich mit einem dickeren Schussfaden abwechseln. Auch hier ist die Rippenbildung im Bereich der 6 Kettfäden je Einzugspartie stärker ausgeprägt:
 


So, das war's fürs den ersten Einstieg. Im nächsten Beitrag, ich bemühe mich zeitnah 😘, geht es dann weiter mit dem sogenannten Bedford-Cord, bei dem der Einzug ebenfalls in zwei Partien erfolgt und zusätzlich weitere Schnittfäden eingesetzt werden. Wir werden also mehr als 4 Schäfte benötigen!

Keine Kommentare: