Rosengang verbindet man sofort mit Schweden. Da war es nur naheliegend den Blick in das Buch von Ulla Cyrus-Zetterström, Manual of Swedish Handweaving, zu werfen. Und siehe da, das Verständnis von vor 8 Jahren wurde etwas relativiert.
Sie unterteilt grundsätzlich in zwei verschiedene Arten von Rosengang:
"ordinary rosepath" und "bound rosepath".
"Ordinary rosepath" wird im Deutschen als Rosengang mit Gegenschuss oder auch fester Rosengang bezeichnet.
Wir hatten zwar einen Klick-Webstuhl mit einer kleinen Restkette zum Ausprobieren dabei, haben jedoch leider versäumt, ein ausreichend großes Stück als Beispiel zu weben. Wie gut, dass es vor Jahren den Fadenwechsel gab, eine Online-Austausch-Gruppe von WeberInnen. Petra Schlimme hat erlaubt, dass ich ihr Gewebe von damals zur Anschauung verwenden darf:
Diese Rosengang-Variante erfordert eine relativ weite Kettstellung, jeweil zwei Schüsse schieben sich wie zu einer Schusslinie zusammen und überdecken die Kettfäden vollständig.
In Petras Beispiel gibt einen Hintergrund in Orange, und ein Muster in Magenta, welches sich aus dem Grund hervorhebt. Will man im Vorhinein ein Muster entwerfen, kann man zu folgendem Trick greifen:
In einer Art vereinfachten Patrone (unten rechts im obigen Bild) werden nur die Musterschüsse in Magenta in der Trittfolge dargestellt. Die Gegenschüsse für den orangenen Hintergrund werden durch die "Kettfäden" simuliert. Links könnt ihr die komplette Patrone sehen, so wie tatsächlich gewebt wird. In der Mitte seht ihr das fertige Gewebe und oben rechts die Geweberückseite.
Bei relativ weiter Kettstellung und Verwendung feiner Schussfäden musste Petra jedes Schusspaar (ein Schusspaar besteht aus magentafarbenem Musterschuss und orangefarbenen Gegeschuss) noch 3x wiederholen, um auf die gewünschte Höhe zu kommen. Die Patrone links wäre also eigentlich 4x so hoch, was dann das Bild gesprengt hätte. Wie immer bestimmen die verwendeten Garne das Spiel am Webstuhl, wenn man das so sagen kann.
Das Charakterische für beide Rosengangarten ist der V.V - Einzug. Dieser kann auch über mehr als vier Schäfte erfolgen. In der Anbindung findet sich jeweils ein gleichseitiger Köper, also K2/2, K3/3 oder K4/4. Wird über 8 Schäfte zum Beispiel ein K5/3 in der Anbindung verwendet, wird im Buch von einer Rosengang-Variation gesprochen.
Tauscht man Kett- und Schussrichtung kommt man zum "vertical rosepath", oder auch Rosengang in Kettrichtung.Vorteil: es muss nur mit einem Schützen gearbeitet werden.
Nachteil: das "Muster" ist durch die Kette festgelegt.
Das Schöne am Rosengang mit Gegenschuss ist, dass beide Seiten ein schönes Gewebebild zeigen.
Ganz anders beim "bound rosepath", beim gebundenen Rosengang. Hier gibt es eine eindeutige Gewebevorderseite und eine Rückseite, wie man unten links und rechts sehen kann:
Auch hier braucht es eine weite Kettstellung, da sich noch mehr Schüsse zu einer Schusslinie zusammen schieben müssen. Und auch hier wird die Kette komplett durch die Schüsse abgedeckt. Anders als beim Rosengang mit Gegenschuss wird beim gebundenen Rosengang der jeweilige elementare Kett-Grundköper angebunden. Unten ein Beispiel über 5 Schäfte, in der Anbindung also der Kettköper K1/4. Das Bild oben rechts deutet an, wie sich die Schüsse zusammenschieben. Leider konnte ich das Gewebebild nicht besser simulieren. Falls jemand eine Idee bzgl. Weavepoint hat, bin ich froh über jeden Hinweis.
Der Entwurf für einen gebundenen Rosengang muss immer spiegelbildlich gestaltet werden. Bei 5 Schäften steht für das Motiv eine Breite von 9 Kästchen (5+4) zur Verfügung. Bei 4 Schäften wären es 7 Kästchen (4+3). Eingezogen wird also im V.V -Einzug, die Trittfolge geht gerade über 5 Tritte. Fehlt nur noch die Farbfolge der Schüsse. Diese gibt der Entwurf vor.
Man betrachtet den Bereich zwischen den beiden senkrechten schwarzen Linien: zeilenweise von unten nach oben, innerhalb der Zeile von links nach rechts:
Die erste Zeile ergibt also die Farbfolge: weiß, weiß, grün, grün, grün.
Die zweite Zeile die Farbfolge: weiß, grün, grün, grün, grün
Das wäre es auch schon mit den "echten" Rosengang-Bindungen nach Ulla Cyrus-Zetterström. Damit wird der Rosengang mit Leinwandzwischenschuss zu einer Rosengang-Variante 😉:
Im Beispiel oben ist der Musterschuss deutlich dicker als die Kett- und Schussfäden des Leinwandgrundes. In der Anbindung wurden noch zwei zusätzliche Ketthebungen (rot markiert) zum gleichseitigen K3/3 hinzugefügt.
Hier noch einige Eindrücke vom Treffen. Marion probierte sich am gebundenen Rosengang und wir sind schon gespannt auf ihre eigenen Umsetzungen. Am Rande des Treffens hatte sich noch der ein oder andere Wichtel mit Gerda eingeschlichen:
Da einige von uns nicht nur weben sondern auch noch spinnen, gab es auch noch Selbstgesponnenes im Schuss anzuschauen: eine Decke von Hans-Georg in Rosengangeinzug und -trittfolge und von Agnes eine Weste in Leinwandbindung. Nach einigen Versuchen mit anderen Bindungen ist sie zur "einfachen" Leinwandbindung gewechselt, mit welcher der Farbverlauf des Schussgarns einfach am besten zur Geltung gekommen ist. Auch beim Weben ist weniger oft mehr:
Beinahe hätte ich noch Mechthilds Beitrag zum Thema des vorherigen Treffs vergessen, Fadendichten. Bei einem Urlaub in Schweden haben sie die Lundins Vävsketfabrik (leider nur auf Schwedisch) in der Nähe von Boras besucht welche Webriete herstellt. Aus einem Behälter mit Reststücken konnten sie sich mitnehmen, was sie wollten. So entstand dieses Webstück:
Variable Webriete für ihre Webgeräte bieten die Firmen Ashford (klick) und Schacht (klick) an. Auch das Fächerwebblatt ist vielen bekannt. Damit zu weben scheint gar nicht so einfach zu sein. Suchworte im weltweiten Netz sind auch: fan reed und ondulé reed. Richtig zufriedenstellende Beiträge konnte ich jedoch nicht finden.
In Estland hat die Textilkünstlerin Kadi Pajupuu 2016 das RailReed entwickelt. Auf der Seite https://www.railreed.ee/en findet man umfangreiche Information dazu.
Es gibt doch immer wieder Neues zu entdecken.
Bis zum nächsten mal!
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