Sonntag, 17. August 2025

Cordbindungen Teil 2

Manchmal dauert zeitnah etwas länger als gedacht 😏. Hier also Teil 2 der Cordbindungen. Es geht weiter mit dem Bedford-Cord, einem Cordgewebe mit Schnittfäden! Zunächst mit geraden Kettfadenzahlen innerhalb der Rippen.

Auch hier übernimmt jeder Schussfaden beide Funktionen, in einer Rippe übernimmt er die Bindung und in der anderen die Verstärkung (Flottierung unter der Rippe). Gewebt wird mit der Gewebeunterseite nach oben. Die Schnittfäden benötigen zwei zusätzliche Schäfte und sind hier auf den Schäften 5 und 6 eingezogen. 
 
Beispiel 1: 
Das Schussfadenverhältnis ist 2:2 (Schusspartie1 = Tritte 1 und 2, Schusspartie 2 = Tritte 3 und 4) und die Schnittfäden binden leinwandmäßig ab, wobei man im fertigen Gewebe schon genau hinschauen muss, um die Leinwand zu erkennen. Die grau gekennzeichneten Kettflottierungen verdeutlichen, dass jeweils zwei Schussflottierungen über einem Schnittfaden durch sie zusammengezogen werden. Die linken grauen Kettflottierungen ziehen die kleinen Schussflottierungen über dem Schnittfaden rechts von sich zusammen und die rechten grauen Kettflottierungen die kleinen Schussflottierungen über dem Schnittfaden links von sich:
 


Beispiel 2: 
Ändert man das Schussfadenverhältnis muss der Einzug der Schnittfäden angepasst werden, er erfolgt nun mit Richtungswechsel. Durch das ständige Abwechseln der Trittpartien  werden die kleinen Schussflottierungen über den Schnittfäden nicht mehr ganz so stark zusammen gezogen. 
 

 
Beispiel 3: 
Im folgenden Beispiel binden die Schnittfäden nun ripsmäßig ab. Das Schussfadenverhälntis bleibt 1:1. Hier erfolgt der Einzug der Schnittfäden wieder ohne Richtungswechsel:
 



Wie sieht das Ganze nun mit einer ungeraden Kettfadenzahl innerhalb der Rippen aus? 
 
Entsprechend Beispiel 1: 
Schussfadenverhältnis 2:2 und Schnittfäden binden leinwandmäßig ab
 
Der Einzug der Schnittfäden erfolgt nun mit Richtungwechsel. Die Flottierungen unterhalb der Rippen sind unterschiedlich lang; es gibt jeweils eine längere und eine kürzere Flottierung:
 

 
Entsprechend Beispiel 2:
Schussfadenverhältnis 1:1 und Schnittfäden binden leinwandmäßig ab
 
Der  Einzug der Schnittfäden erfolgt ebenfalls im Richtungswechsel, die Flottierungen unterhalb der Rippen sind wieder gleich lang: 
 

 
Entsprechend Beispiel 3:
Schussfadenverhältnis 1:1 und Schnittfäden binden ripsmäßig ab 
 
Der  Einzug der Schnittfäden erfolgt auch hier im Richtungswechsel, die Flottierungen unterhalb der Rippen sind wieder unterschiedlich lang: 
 



Zuletzt  noch zwei Beispiele für Längscord mit zwei Schnittfäden und Schussfäden getrennter Funktion. Siehe die ersten beiden Beispiele im ersten Teil der Cordbindungen. Dort wurde jeweils nur ein Schnittfaden eingesetzt.
 
Zunächst ein Beispiel, wie es nicht gut funktionert: auf der letztendlichen Gewebeoberseite (linke Seite) gibt es zum einen Schussflottierungen, welche die Schnittfäden mit angrenzenden Kettfäden der Rippen verbinden (grau). Das bedeutet, dass die Rippen sich nicht klar von den Schnittfäden abgrenzen können. Die Schnittfäden werden sozusagen daran gehindert, sich "einzugraben".
 
Zum anderen sind die beiden Schnittfäden nicht gegenbindig zueinander. Wären sie gegenbindig, so würden sie die Rippen auseinander drücken. Um dies zu unterstützen werden die Schnittfäden gerne durch den Blattstich von einander getrennt. D.h. der linke Schnittfaden wird in dieselbeRietlücke gestochen wie der links angrenzende Kettfaden und der rechte Schnittfaden dementsprechend in dieselbe Rietlücke wie der angrenzende rechte Kettfaden.
 

 
 
Und wie geht es besser? Lässt man die Schnittfäden ripsmäßig abbinden, so sind sie zum einen gegenbindig zueinander, zum anderen gibt es keine Schussflottierungen mehr, welche die Schnittfäden mit jeweils angrenzenden Kettfäden in den Rippenbereichen verbinden, auf der Gewebeoberseite: 
 

 
Nach so viel Theorie hier noch ein paar Eindrücke vom Treffen selber. Plan A war der Einsatz eines Beamers zum besseren Darstellen der Theorie hinter den Cordbindungen. Das hatte bisher auch immer gut geklappt. Dieses mal jedoch war der Beamer wundersamerweise gut in einem Schrank verschlossen. Also musste Plan B her. Der Laptop wurde hochgebockt und die Brillen wurden geputzt!
 

 
Wie immer gab es ein wunderbares reichhaltiges Buffet, welches keine Wünsche offen ließ, Zeit für den allgemeinen Austausch und ein paar wenige Gewebebeispiele waren auch dabei. 
 

 
 
In einem alten Blogbeitrag in 2021 haben wir ganz unten im Beitrag die Technik des "Fingerloop" vorgestellt mit einigen Links zum Thema: Was war los auf unseren Webstühlen und Fingerloop 

Nun hatte Gerlinde ein kleines Büchlein mit dabei, welches einiges mehr zum Thema bietet und direkt bei der Autorin zu beziehen ist: Schlaufenflechten - Dietlind Wagner 


Jetzt bleibt mir  nur noch Cordbindungen Teil 3 anzukündigen!

Sonntag, 3. August 2025

Cordbindungen Teil 1 - 27. Juli 2025

Bei der Programmgestaltung für 2025 tauchte der Wunsch auf, dass wir uns doch mal das Thema Cordbindungen anschauen könnten. Macht man sich im weltweiten Netz auf die Suche Webbeispielen, so findet man: so gut wie nichts! Auch im Englischen Sprachbereich ist nichts Erhellendes zu finden. Dabei ist diese Bindungsfamilie eigentlich einfach zu verstehen. Bereits mit 3 Schäften sind Umsetzungen möglich, also auch auf Webrahmen mit zwei Gatterkämmen zu arbeiten. Selber hatte ich mich vorher auch noch nicht mit Cordbindungen beschäftigt, also war es auch für mich Neuland. 

So haben wir uns zunächst eingehend mit dem Längscord beschäftigt, bei dem sich Rippen in Kettrichtung ausbilden. Wie schon gesagt, reichen 3 Schäfte aus, um einen Längscord zu weben:

 
Die linke Seite der oberen Collage zeigt die gewünschte Gewebeoberseite und die rechte Seite die Gewebeunterseite, sowohl in der Bindungspatrone als auch im Gewebebild: 

Auf den Schäften 1 und 2 werden die Kettfäden für die Bindung der Rippen eingezogen, hier Leinwandbindung. Auf Schaft 3 werden "Schnittfäden" eingezogen, welche die Rippen voneinander trennen. Bei dieser Art von Cordbindung haben die Schüsse unterschiedliche von einander getrennte Funktionen. Die Schüsse 1 und 3 arbeiten die Leinwandbindung (Bindungsschüsse), die Schüsse 2 und 4 (Tritt3) arbeiten als Verstärkungsschüsse (Hohlschüsse); sie flotten unterhalb der Rippen und werden nur durch die Schnittfäden angebunden.

Da bei diesen Verstärkungsschüssen bis auf die "Schnittfäden" alle Kettfäden gehoben würden, empfiehlt es sich mit der Gewebeunterseite nach oben zu weben (rechte Seite der obigen Collage).

Je nachdem wie der Einzug auf den Schäften 1 und 2 erfolgt, zeigen die Schnittfäden ein unterschiedliches Erscheinungsbild, obwohl sie in sich leinwandmäßig abbinden. Im kleineren rechten Kreis kann man sehen, dass die Kettfäden rechts und links des Kettfadens identisch abbinden, sie sind auf dem selben Schaft eingezogen. Die beiden Schussflottierungen oberhalb und unterhalb der roten zentralen Kettflottierung können so zusammenrutschen, was man sehr gut im unteren Gewebebild sehen kann.

Im größeren linken Kreis hingegen kann man sehen, dass die Kettfäden nicht identisch abbinden, sie sind auf unterschiedlichen Schäften eingezogen. Das verhindert ein Zusammenrutschen. Ob die Anzahl der Kettfäden in den Rippen gerade oder ungerade ist, ist dabei unerheblich. Es kommt nur darauf an, ob rechts und links des Schnittfadens auf dem gleichen Schaft eingezogen wird oder eben nicht.

 

Im nachfolgenden Beispiel ist das Verhältnis von Bindungsschüssen und Verstärkungsschüssen verändert worden. Oben war das Verhältnis 1:1 (also immer abwechselnd). Nachfolgend ist das Verhältnis 2:1, auf zwei Bindungsschüsse folgt jeweils nur ein Verstärkungsschuss: 


Bitte seht mir nach, das bei genauem Hinsehen Bindungspatrone und Gewebebild nicht immer vollkommen übereinstimmen. Das Gewebebild rechts unten zeigt z.B. die Trittfolge 3-2-1, also Tritte 1 und 2 vertauscht. Es ändert jedoch nichts am jeweiligen Prinzip. Aber alles daraufhin noch einmal abzugleichen, das war einfach zuviel Arbeit 😉.
 
 

Für die nächsten Beispiele werden vier Schäfte benötigt. Der Einzug erfolgt in zwei Partien. Hier erfüllt jeder Schuss beide Funktionen: in einer Partie arbeitet er als Bindungsschuss und in der jeweils anderen als Verstärkungsschuss. In einer Partie ist er hier Teil der Leinwandbindung, während er in der jeweils anderen Partie komplett unterhalb flottiert. Dadurch ist es möglich durch die Verwendung zweier Schussfarben unterschiedlich farbige Rippen zu weben. Das Schussfadenverhältnis ist hier 2:2, also zwei Schüsse der ersten Trittpartie (Tritte 1 und  2) wechseln sich mit zwei Schüssen der zweiten Trittpartie (Tritte 4 und 3) ab. Die Rippenbildung in dem Bereich mit sechs Kettfäden je Einzugspartie ist wesentlich stärker ausgebildet als im Bereich mit nur fünf Kettfäden je Einzugspartie. Die linken Rippen sind schmaler, obwohl sie wie gesagt mehr Kettfäden je Rippe aufweisen Dadurch können sie sich jedoch auch deutlich höher wölben. Irgendwo habe ich gelesen, dass es nicht weniger als vier Kettfäden je Rippe sein dürfen:

Auch sind die Schussflottierungen auf der Gewebeunterseite unterschiedlich. Im Bereich der geraden Kettfadenzahl sind alle Schussflottierungen gleich lang, sie flottieren jeweils unter 7 Kettfäden. Im Bereich der ungeraden Kettfadenzahl flottieren sie jeweils einmal unter 5 und einmal unter 7 Kettfäden. Ich vermute, dass die längeren Flottierungen die Rippenbildung unterstützen.
 
 
Nachfolgend wurde nur das Schussfadenverhältnis verändert hin zu 1:1. Jeweils ein Schuss der ersten Trittpartie wechselt sich mit einem Schuss der zweiten Trittpartie ab: 
 


Ich hatte vermutet, dass die Schüsse nun nicht mehr so gut zusammenrutschen würden. Das ist jedoch nur sehr minimal passiert. Schon stärker war der Unterschied bei der Rippenbildung. Und zwar im Bereich der leicht breiteren Rippen mit 6 Kettfäden je Partie. 
 
Im rechten Bild oben ist die Probe mit dem Schussfadenverhältnis 2:2 zu sehen, unten die Probe mit dem Schussfadenverhältnis 1:1.
 
Die Rippenbreite im rechten Bereich (5 Kettfäden je Einzugspartie) ist kaum verändert, wohingegen die Rippenbreite im linken Bereich (6 Kettfäden je Einzugspartie) deutlich weiter ausfällt. Die unten flottierenden Schussbereiche können sich nicht so gut zusammenziehen, bzw. die Leinwandbereiche sich besser ausbreiten. die Rippen bilden sich also wesentlich schwächer aus.
 
Zugegebenermaßen sind die Proben insgesamt relativ klein ausgefallen. Sie waren gedacht für einen ersten Eindruck, ein erstes Kennenlernen der Bindung ohne Bezug auf ein konkretes Webprojekt. Es ist jedoch ein gutes Beispiel dafür, wie wichtig Proben sein können. Allein ein Kettfaden mehr oder weniger in den  Einzugspartien hat einen großen Einfluss auf das fertige Gewebe!
 
 
 
Und hier noch ein Beispiel für ein Schussfadenverhältnis von 2:1, wobei jeweils 2 dünnere  Schussfäden sich mit einem dickeren Schussfaden abwechseln. Auch hier ist die Rippenbildung im Bereich der 6 Kettfäden je Einzugspartie stärker ausgeprägt:
 


So, das war's fürs den ersten Einstieg. Im nächsten Beitrag, ich bemühe mich zeitnah 😘, geht es dann weiter mit dem sogenannten Bedford-Cord, bei dem der Einzug ebenfalls in zwei Partien erfolgt und zusätzlich weitere Schnittfäden eingesetzt werden. Wir werden also mehr als 4 Schäfte benötigen!

Montag, 9. Juni 2025

Wollmarkt in Euskirchen/Kuchenheim - 01. Juni 2025

Alle Jahre wieder, ... findet man unseren WeberTreff auf dem Wollmarkt im LVR-Museum in Kuchenheim!

Mal sehen, wo ihr uns im  nächsten Jahr dort finden könnt. Dieses mal hatten wir unsere Zelte wieder in der oberen Burg  aufgeschlagen. Wie immer war der "Klick" dabei, an dem die BesucherInnen selber das Weben ausprobieren konnten. Petra hatte ihre Meta dabei und Bettina zwei Kammwebstühle. Großen Zulauf hatten wir an unserem Mitmachtisch, an dem man in diesem Jahr Armbänder fertigen konnte. Wie gut, dass Inge und Susanne zur Unterstützung dabei waren!

Es gibt so viele verschiedene Techniken mit denen man Armbänder herstellen kann. Anna hatte sich wunderbar auf Armbänder in Makramee-Technik vorbereitet. Der Renner war wohl das "Daisy"- Armband. Hier der Link zu einem Video: Daisy-Armband in Makramee.

Und hier der Link zu dem "Rosen"-Armband, ebenfalls in Makramee-Technik: Rosen-Armband.

Wie immer findet man beim Stöbern im Netz unendlich viele weitere Möglichkeiten. Sehr gefallen hat mir persönlich auch dieser Video-Kanal: @Makramee Anleitung.

Daneben konnten auch einfache Bänder in der japanischen Kumihimo-Technik ausprobiert werden. Ich konnte wenig Informationen auf deutschen Webseiten finden, am besten noch auf der Seite von Juliana L. Raskin-Schmitz: Geschichte des Kumihimo.

Am einfachsten zu fertigen sind die Knüpfsterne, die man auch aus Pappe herstellen kann, wahlweise mit sechs oder sieben Fäden zu knüpfen. Hier wird es erklärt und auch die Schablonen für die Sterne kann man sich hier herunter laden: Knüpfsterne aus Pappe. Man sollte allerdings bis drei zählen können 😉.

Mit einer runden Pappscheibe hat man dann schon mehr Möglichkeiten:

Und hier die Links zu jeweils einem entsprechenden Video:

Kumihimo - 4 Fäden (oben links)

Kumihimo - 6 Fäden (unten links)

Kumihimo - 8 Fäden (oben rechts)

Kumihimo - 8 Fäden, flach (unten rechts)
kreuzt man die letzten  beiden Fäden nicht, so entstehen zwei schmale Bänder

Je nach Farbkombination entstehen die unterschiedlichsten Bänder! Wie bei allem, was mit Fasern und Fäden zu tun hat, besteht durchaus Suchtgefahr. Der Vorteil bei den Bändern ist allerdings, dass die Materialien und Werkzeuge nicht so viel Platz einnehmen!

Mal sehen was wir beim nächsten Wollmarkt als Mitmachaktion anbieten werden. Vielleicht sehen wir uns dann ja dort😊!

Freitag, 4. April 2025

Deflected Double Weave - 30. März 2025

Es war ganz schön was los beim letzten WeberTreff. Bevor es ans prall gefüllte Buffet ging und der gemütliche Teil beginnen konnte, ging es für 17 Weberinnen und einen Weber an die Theorie des neuen Jahresthemas "Deflected Double Weave". Bevor hier der "Theorieblock" beginnt, erst einmal ein paar Eindrücke vom Treff und einigen mitgebrachten Webbeispielen:
 

 

 
Und nun geht's auch schon zur Theorie:

Vorab ein kleiner Hinweis bzgl. der Bilder: wenn man ein Bild anklickt öffnet das Bild in groß, und unten zeigt sich eine Bildleiste. Dort kann man sich durch die Bilder klicken. Macht man einen rechts-Klick auf das ausgewählte große Bild, hat man die Möglichkeit "Grafik in einem neuen Tab" zu öffnen. In dem neuen Tab kann man anschließend mit der Kombination "Strg und +" die Ansicht mehrfach vergrößern. Das kann manchmal sehr hilfreich sein. Mit "Strg und -" verkleinert man die Ansicht.


Wie heißt es so schön: "Auf dem zweiten sieht man besser!" Wir könnten sagen: "Beim zweiten mal sieht man besser!" In 2017 war Deflected Double Weave zum ersten mal Thema im WeberTreff (hier geht es zum Beitrag aus 2017!). Da es in 2025 unser Jahresthema ist, haben wir uns beim letzten Treff wieder mit dieser Bindung beschäftigt. An einem Tag, bzw. in ein, zwei Stunden, ist natürlich nur ein Einblick in die grundlegenden Funktionsweisen möglich. Diese Bindungsfamilie ist einerseits sehr einfach aufgebaut, andererseits in all ihren Möglichkeiten wieder hoch komplex.

Wie funktioniert Deflected Double Weave? Sowohl in Kette als auch in Schuss arbeiten zwei Systeme partieweise miteinander. Dabei gelten streng genommen folgende Regeln:

  • von Partie zu Partie wechselt die Farbe, also A - B - A - B - A ... sowohl in Kette als auch in Schuss
  • trifft Farbe A im Schuss auf Farbe A in der Kette, so binden die Fäden in der Grundbindung ab
    entsprechendes gilt für Farbe B
  • trifft Farbe A auf Farbe B (oder Farbe B auf Farbe A), so ist entweder nur die Kette zu sehen (Ketthebungen) oder nur der Schuss (Kettsenkungen)

Farbe A ist im unteren Beispiel Dunkelgrau und Farbe B Hellgrau. Die Grundbindung ist Leinwand, so dass jede Partie zwei Schäfte, bzw. zwei Tritte benötigt. Das zweite Bild von links zeigt die Bindungspatrone für ein Deflected Double Gewebe; trifft Dunkelgrau im Schuss auf Hellgrau in der Kette (und umgekehrt), so sind die entsprechenden Kettfäden gesenkt und somit jeweils der Schuss zu sehen. Daraus ergeben sich waagerechte Streifen auf der Oberseite des Gewebes, die Unterseite zeigt senkrechte Streifen.

Entfernt man alle hellgrauen Kett- und Schussfäden, entfernt also das hellgraue System komplett,  bleiben nur noch die dunkelgrauen Kett- und Schussfäden übrig (zweites Bild von rechts). Alle dunkelgrauen Kett- und Schussfäden binden komplett leinwandmäßig miteinander ab! Dasselbe gilt natürlich auch für das hellgraue System: entfernt man alle dunkelgrauen Kett- und Schussfäden bleiben die hellgrauen Fäden übrig, und auch diese binden komplett leinwandmäßig miteinander ab (rechtes Bild.

Ganz links ist die entsprechende Bildpatrone zur vollständigen Webpatrone zu sehen. Eine Bildpatrone ist eine verkürzte Darstellung einer vollständigen Webpatrone. In diesem Fall steht ein dunkelgraues Kästchen im Einzug für vier Kettfäden, abwechselnd eingezogen auf den Schäften 1 und 2. Ein hellgraues Kästchen steht für vier Kettfäden, abwechselnd eingezogen auf den Schäften 3 und 4. Entsprechendes gilt für die Tritte. Ein dunkelgraues Kästchen im Tritt steht für vier dunkelgraue Schussfäden, abwechselnd Tritt 1 und 2 getreten, ein hellgraues Kästchen im Tritt steht für vier hellgraue Schussfäden, abwechselnd Tritt 3 und 4 getreten. Ein hellblaues Kästchen in der Anbindung der Bildpatrone steht für die Anbindung der Grundbindung, in diesem Fall also Leinwandbindung.


Was geht noch mit vier Schäften? Die Bereiche in der Anbindung, welche leinwandmäßig abbinden, sind sozusagen tabu, dort werden keine Änderungen vorgenommen. 

In diesem Beispiel sind auf den Tritten 1 und 2 die Schäfte 3 und 4 nun auf Hebung geschnürt: immer wenn dunkelgrau eingeschossen wird werden die hellgrauen Kettfäden gehoben, der dunkelgraue Schuss flottet unten und ist auf der Oberseite nicht zu sehen. Auf den Tritten 3 und 4 sind die Schäfte 1 und 2 nun auf Hebung geschnürt: immer wenn hellgrau eingeschossen wird werden die dunkelgrauen Kettfäden gehoben, der hellgraue Schuss flottet unten und ist auf der Oberseite nicht zu sehen. Es entstehen senkrechte Streifen auf der Oberseite, die Unterseite zeigt waagerechte Streifen.

 

 

 


Hier sind nun auf den Tritten 1 und 2 (also bei dunkelgrauem Schuss) die Schäfte 3 und 4 (also die hellgrauen Kettfäden) auf Hebung geschnürt. Auf den Tritten 3 und 4 (also bei hellgrauem Schuss) sind die Schäfte 1 und 2 (also die dunkelgrauen Kettfäden) auf Senkung geschnürt.
 
Dadurch arbeiten alle hellen Kett- und Schussfäden nur auf der Gewebeoberseite, alle dunkelgrauen Kett- und Schussfäden arbeiten nur auf der Gewebeunterseite. Helle und dunkle Fäden agieren an keiner Stelle miteinander, es entsteht ein sozusagen "echtes" Doppelgewebe.

Es entsteht jeweils eine Art löcheriges Leinwandgewebe, oben in hellgrau, unten in dunkelgrau.


Hier nun die Umkehrung: Auf den Tritten 3 und 4 (also bei hellgrauem Schuss) werden die Schäfte 1 und 2 (also die dunkelgrauen Kettfäden) auf Hebung geschnürt. Auf den Tritten 1 und 2 (also bei dunkelgrauem Schuss) sind die Schäfte 3 und 4 (also die hellgrauen Kettfäden) auf Senkung geschnürt.

Dadurch arbeiten alle dunklen Kett- und Schussfäden nur auf der Gewebeoberseite, alle hellgrauen Kett- und Schussfäden arbeiten nur auf der Gewebeunterseite. Helle und dunkle Fäden agieren an keiner Stelle miteinander, es entsteht ein sozusagen "echtes" Doppelgewebe.

Es entsteht jeweils eine Art löcheriges Leinwandgewebe, oben in dunkelgrau, unten in hellgrau.

 

Mit vier Schäften sind die Möglichkeiten reduziert auf die Kombination waagerechter und senkrechter Streifen. Im folgenden Beispiel ist im oberen Bereich jeweils die Oberseite, darunter die Gewebeunterseite abgebildet:

Beim rechten Beispiel wird von der strengen Abfolge A-B-A-B in der Schussfolge abgewichen. Auf der Oberseite ergibt sich dadurch nur eine geringe Verschiebung des Effekts. Auf der Unterseite ist die Auswirkung größer. Aus einer hellen "Leiter" wird eine dunkle "Leiter".

 

Hier noch weitere Beispiele:


Und hier eine interessante Variation, gegen alle Regeln:


Auf den ersten Blick scheinen beide Gewebeoberseiten gleich auszusehen. Auf der linken Seite sehen wir das Beispiel von weiter oben, "echtes" Doppelgewebe, Oberseite dunkelgrau, Unterseite hellgrau. 

Auf der rechten Seite sieht das Ganze vollkommen anders aus:

  • im Schuss wird nur Dunkelgrau verwendet
  • in der Anbindung wird die Leinwand "versetzt"

Dadurch binden alle dunkelgrauen Kettfäden immer leinwandmäßig ab, die hellgrauen Kettfäden flotten einmal oben und einmal unten, tauchen also immer wieder auf und ab. Gewebeober- und Gewebeunterseite sind versetzt identisch, sehen optisch gleich aus. Dadurch, dass die Kettfäden unterschiedlich einarbeiten werden sich im Laufe des Abwebens unterschiedliche Kettfadenspannungen ergeben. Die hellen Kettfäden arbeiten weniger ein und werden wohl loser werden. Durch einen zweiten Kettbaum oder das Einlegen eines beschwerten Stabes kann dem entgegen gewirkt werden.
 

Mit acht Schäften geht es natürlich auch, oben die Bildpatronen und unten die jeweils dazugehörige Fertigungspatrone. In der Fertigungspatrone ganz links sind die Bereiche zartgelb hinterlegt, in denen Änderungen von Senkung auf Hebung möglich sind. Hier die Beispiele, die denen weiter oben mit vier Schäften entsprechen:



Beschränkt man sich auf die Verwendung von zwei Farben, kann man ganz gut mit Hilfe von Bildpatronen entwerfen:


Auf der rechten Seite ist eine zweite Möglichkeit dargestellt, die Schäfte auf die Partien zu verteilen. Links wird ein Schaftpaar nach dem anderen belegt, so wie wir es bisher kennen. Zur Erinnerung: jede "Schaftreihe" in der Bildpatrone steht hier für zwei tatsächliche Schäfte.
 
Rechts werden die Schäfte in zwei Hälften aufgeteilt: Schäfte 1 bis 4 für die grünen Kettfäden, Schäfte 5 bis 6 für die blauen Kettfäden. Entsprechendes gilt für die Tritte. Marian Stubentisky verwendet in ihrem Buch "DOUBLE TWIST" die zweite Variante. Dadurch schieben sich in der Anbindung die Leinwandbereiche jeweils zusammen. (Die Leinwandbereiche sind hellgrau hinterlegt.) 
 

Hier noch ein paar Beispiele in beiden Variationen. Zur Übung könntet ihr die Bildpatronen in Fertigungspatronen übersetzen:



Oft werden Köperlinien als Vorlage/Inspiration genutzt: links die Oberseite, rechts die Unterseite. Eigentlich kann man auch sagen die eine Seite und die andere Seite. Denn meistens sehen beide  Seiten  sehr unterschiedlich aus. In diesem Beispiel ist der grünen Farbe ein größeres Gewicht verliehen worden. Es wurden jeweils sechs grüne Kett- und Schussfäden eingesetzt und jeweils nur vier blaue Fäden. Schon eine weitere Möglichkeit der Variation. Bedenkt man nun noch den Einsatz unterschiedlicher Faserarten - filzend, nicht filzend, glatt, rauh, dick, dünn,... - lässt sich erahnen wie vielfältig die Ergebnise ausgehend von einer Bildpatrone sein können!
 

 
Hier kann man in einer Bildpatrone sehen was leichte Veränderungen bewirken können. Links ist die "Oberseite" und rechts die "Unterseite" zu sehen. Dabei ist zu beachten, dass mein Webprogramm die Seiten vertauscht. Unten ganz rechts stellt die andere Seite von unten ganz links dar!



Verlässt man den Bereich der Zweifarbigkeit kommt man mit Bildpatronen nicht mehr ans Ziel. Links ein weiteres Beispiel in zwei Farben (zur Übung mit der zweiten Einzugsvariante) und rechts das Gleiche in drei Farben. 
 

Hier Bilder von einer zweifarbigen Umsetzung, die Sterne/Kreuze springen einem fast entgegen. Links nicht nachbehandelt, rechts nachbehandelt:
 
 
Da wir keine Bilder von mehrfarbigen Umsetzungen haben, hier einige Links zu Beispielen, die im weltweiten Netz zu finden sind. Eine Suchmaschine oder auch pinterest sind sehr hilfreich unzählige Beispiele aufzustöbern. Die grundsätzliche Bindung ist dieselbe, die Wirkung ist jeweils unterschiedlich, und klare Stern/Kreuze springen einem kaum entgegen. Faserarten, Matrialbeschaffenheiten, Fadendichten, Fadenzahlen in den unterschiedlichen Partien, Art der Nachbehandlung, ... alles hat Einfluss auf die fertigen Gewebe.

 
Auf der Seite von Natalie Drummond (Beispiel 4) kann man sich übrigens stundenlang inspirieren lassen. klick!


Hier ein weiteres Beispiel der Umsetzung einer Köperlinie in drei Farben. Das bedeutet natürlich auch die Verwendung von drei Schützen für den Schuss:




Und ein paar Farbspielereien, noch mehr Farben, noch mehr Schützen:


Und wieder einige Beispiele aus dem weltweiten Netz (Beispiel 2 etwas nach unten scrollen): 
 
 
 
Dieses Deflected Double Weave erinnert mich immer an ein Leopardenfell:
 

 Aufgrund fehlender eigener Gewebebeispiele wieder einige Links: 
  


Und ein letztes Beispiel. Rechts oben ist das noch nicht nachbehandelte Gewebe zu sehen, unten das nachbehandelte Gewebe. Schwarze Wollfäden und Baumwolle wurden miteinander kombiniert:


 
Da wäre jetzt nur noch die Sache mit dem Geweberand. Probieren geht hier auf jeden Fall über Studieren 😉! Es gibt leider nur wenige Videos dazu zu finden, und alle mal wieder auf Englisch 😕. Also Augen zu und durch, bzw. Augen auf und durch!
 
 
 
 
 
 


Hier zwei Links, einmal zu einer Anleitung für Handtücher, und einmal zu einem Skript von Madelyn an der Hoogt:

 



Wer jetzt immer noch nicht genug Anregungen hat, kann hier noch weiter stöbern:




Literatur zum Thema:

Zum einen gibt es von der Interessengemeinschaft Handweberei in Sindelfingen ein Heft zum Deflected Double Weave auf deutsch, 8,00 €, zzgl. Versand
https://www.haus-der-handweberei.de/



Zum anderen ein Buch von Marian Stubenitsky "Double Twist" auf englisch und niederländisch für 47,50 €, zzgl. Versand
https://weefschool.nl/en/books/double-with-a-twist
 
 
Kaum zu glauben, aber wahr, ich bin am Ende angelangt mit der "kurzen Einführung" in das Thema Deflected Double Weave. Denn es ist wirklich nur eine Einführung. Ich hoffe, dass ich einiges zum Verständnis  dieser Bindung beitragen konnte.
 
Beim WeberTreff im Januar 2026 werden wir dann unsere Webprojekte in Deflected Double Weave vorstellen. Ich bin schon gespannt, was wir alles zu sehen und zu fühlen bekommen werden. Denn auch die Haptik ist schon besonders bei diesen Geweben.
 
Herzlichen Glückwunsch an alle, die bis zum Schluss durchgehalten haben 😊!


Dienstag, 21. Januar 2025

Jahresarbeiten zu Gerstenkorn und Scheindreher - 19. Januar 2025

Und schon wieder ist ein WeberInnen-Jahr vergangen. Im letzten März hatten wir uns ja auf unser Jahresthema für 2024 eingestimmt: Gerstenkorn und Scheindreher (klick!). Nun war es soweit, dass wir unsere Arbeiten dazu präsentieren konnten.

Einige Arbeiten sind auch wirklich in 2024 entstanden, einige schon vorher. Manchmal kommt eben doch etwas dazwischen, so dass sich die Pläne ändern. Neben gesundheitlichen Einschränkungen, was ja nicht so schön ist, passiert es auch schon einmal, dass man plötzlich unverhofft Oma wird 😉.

Verschiedene Materialien und Garnstärken kamen zum Einsatz: Kissenbezüge und eine Decke in Wollfasern gab es zu sehen:

 

 Klassische Gewebe wie Tischläufer und Handtücher aus Baumwolle, Cottolin und auch reinem Leinen:

 

Nachhaltige wieder verwendbare Geschenkbeutel, eine strahlend weiße Küchenschürze, bunte Küchentücher, die den Frühling herbeirufen, eine Stofferinnerung an ein selbst geschneidertes Kleid aus der Zeit als Lehrling in der Weberei, Gewebe, die auf einem Webrahmen mit zwei Gatterkämmen entstanden sind:


Eine beeindruckende Mappe mit bisher 14 Webproben in Baumwolle Nm 34/2, wobei das Ende noch nicht in Sicht ist. Hier konnte man besonders gut sehen, wie sehr die Gewebe sich durch die Nachbehandlung verändern, da es jeweils eine Probe vor und nach der Nachbehandlung zu betrachten gab:


Fußmatten für's Bad in Cottolin als Doppelgewebe, mit Partien in Leinwand und bäuerlichem Gerstenkorn:


Proben in Teppichgarnen, ebenfalls als Doppelgewebe gearbeitet, die als Topfuntersetzer zum Einsatz kommen sollen. Links sieht man jeweils eine Gewebeseite, in der Mitte die zugehörige andere Gewebeseite. Rechts sind beispielhaft zwei Patronen zu sehen, die obere gehört zum linken Gewebe in der zweiten Reihe von oben, die untere zum rechten Gewebe in der zweiten Reihe von oben:


Die Inspiration zu den Doppelgeweben kamen von einer Weberin aus England, von Cally Booker (klick!) Hier sind noch drei Links zu von ihr eingestellten Webpatronen:

verbundene Scheindreherflächen

oben Scheindreher, unten Leinwand

Scheindreher oben und unten 

Bei Interesse an den Patronen zu den Webproben aus Teppichgarn, bitte einfach per Mail an Sabine (siehe rechter Seitenrand) anfragen.


Dann gibt es noch ein privates Garnangebot für ringgesponnene Baumwolle in Nm 34/2. Die Konen sind jeweils 2,2 kg schwer.

Es hat jemand zuviel gehamstert, aber welche Weberin kennt das nicht 😉🙈!

Bei Interesse ebenfalls per Mail an Sabine anfragen, die Anfrage wird dann weitergeleitet.

Und wie heißt es schön, nach dem Projekt ist vor dem Projekt! Unser nächstes Thema haben wir ja schon im letzten Dezember festgelegt: Deflected Double Weave.

Eine Einführung ins Thema gibt es dann im März!